Ein Geldrianer möchte nach Brüssel

Michael Mölders ist unser Kandidat für das Europäische Parlament. Wir haben ein Interview mit ihm geführt und Tacheles geredet, über Europa, seine Themen und natürlich EU-Gurken.

  1. Man kann ja für die unterschiedlichsten, politischen Ämter kandidieren. Warum für die Europawahl?

In Europa laufen viele wichtige, zentrale Handlungsfelder zusammen. Die Grundlage für unser gesellschaftliches und wirtschaftliches Zusammenleben. Ein Einsatz dort ist wichtig, wenn wir ein besseres Arbeitsleben wollen oder mehr Klimaschutz und auch wenn wir uns kulturell mehr zusammenschließen möchten.

Abgesehen von diesem Aspekt. Ich bin hier am Niederrhein aufgewachsen und es war für unsere Generation eine Selbstverständlichkeit z.B. in den Niederlanden zu arbeiten, zu studieren, einkaufen gehen zu können und natürlich Urlaub zu machen. Das ist aber das Ergebnis jahrzehntelanger Arbeit. Ich kann mir Europa ohne diese offenen Grenzen nicht mehr vorstellen. Diese Abschottungen sind für mich ein zivilisatorischer Rückschritt und das dürfen wir nicht zulassen. Deswegen kandidiere ich für die Europawahl.

  1. Seit wann bist du in der SPD und was hat dich bewogen parteipolitisch aktiv zu werden?

In der SPD bin ich seit 2011 und ich war auch schon vorher Mitglied bei den Jusos und bin dann erst später beigetreten. Ich bin vor allem beigetreten, weil es mal so eine Floskel gab: „Der Markt regelt das schon“. Für mich ist die Aussage falsch und zeugt von Desinteresse sich mit einem Problem zu befassen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass soziale Gerechtigkeit, Klima- und Arbeitsschutz nicht von alleine kommen. Wichtige Fortschritte mussten wir uns stets erstreiten. Aus meiner Sicht müssen wir daher als Gesellschaft die Spielregeln von Märkten selber gestalten. Da sehe ich die SPD als beste Antwort darauf.

  1. Welche fünf Worte oder Begriffe würdest du wählen, um dich zu beschreiben?

Humorvoll, hilfsbereit, verlässlich, engagiert und viel unterwegs *lacht*.

  1. Was bedeutet Europa für dich?

Das habe ich eigentlich zum Teil schon beantwortet. Ein Europa mit Grenzen und ohne Euro kann ich mir nicht vorstellen. Ich bin ja ein Kind der EU. Ich finde die Vorstellung einfach genial. Du kannst von Portugal bis nach Estland einfach eine Reise machen. Das zeigt nochmal das Europa das größte Friedensprojekt der Völkerverständigung ist. Das gibt es so in der Welt nicht noch einmal. Wir versuchen Konflikte durch demokratische Mechanismen zu lösen. Das ist eine Einzigartigkeit, für die wir immer wieder kämpfen müssen.

  1. Konkret für unsere Region: was hat der Niederrhein von der EU?

Wir stehen halt in einer Situation, dass jeder fünfte Job in Abhängigkeit von der EU ist. Bei einem Auseinanderbrechen hätte massivste das Folgen. Die Niederlande sind ein Handelspartner für Unternehmen in unserer Region. Da ist ein offener Grenzverkehr unglaublich wertvoll für uns. Es führt dazu, dass wir unglaublich viele Pendlerinnen haben. Leute arbeiten in den Niederlanden und umgekehrt. Europa ist für uns Alltag geworden und keine Barriere mehr. Wir haben Grenzen überwunden. Teilweise merkt man erst durch Straßenschilder, dass wir eine Grenze überschritten haben und uns in einem anderen Land befinden und nicht erst durch Grenzposten und Schlagbäume.

  1. Welche Sachen findest du verbesserungswürdig und was läuft richtig gut in der EU?

Was gut läuft ist, dass wir durch unsere hohen Standards bei Produkten und Prozessen einen enorm guten Einfluss in der Welt haben. Bzw. dort auch Einfluss nehmen können. Weil die Unternehmen in den Ländern ihre Prozesse so anpassen müssen, dass sie ihre Produkte hier überhaupt verkaufen dürfen.

Eine Sache die nicht gut läuft, ist der Rechtsruck in Ländern wie Ungarn, wo Rechtsstaatlichkeit abgebaut wird. Da müssen wir verhindern, dass dorthin weiter Gelder fließen. Wir müssen dafür sorgen, dass sie nicht von dem rechtsstaatlichen Weg abkommen. Da müssen wir unseren Einfluss durch das Einfrieren von Geldern geltend machen.

  1. Für welche Themen stehst du? Wofür möchtest du dich einsetzen?

Mir ist vor allem der Aspekt der wirtschaftlichen Transformation wichtig. Also eine Umgestaltung unserer Industrie hin zur Klimaneutralität. Wir müssen dabei eine Dekarbonisierung, also die Reduzierung von klimaschädlichen Gasen, durch eine Deindustrialisierung verhindern. Wir müssen darauf achten, dass keine Verlagerung von Produktionsprozessen außerhalb der EU stattfindet, so dass zwar „unsere“ CO2-Bilanz zwar erfüllt wird, aber in der gesamten Welt halt nicht.

Daher möchte ich mich für den Ausbau sowie Förderung erneuerbarer Energien und umweltfreundlichen Produktionsprozesse einsetzen. Wir müssen dafür sorgen, dass Europa und insbesondere NRW weiterhin ein moderner Industriestandort bleiben.

  1. Rechte Parteien sind auch bei der Europawahl auf dem Vormarsch. Die AfD könnte zweitstärkste Kraft werden, laut den neuesten Umfragen. Wie beurteilst du diese Entwicklungen?

Die AfD forderte in ihrem Programm aus 2019 die Auflösung der EU und des Parlaments. Da rücken die auch bei dieser Wahl nicht von ab. Das ist ja deren größter Traum und Kernforderung. Das steht eiskalt so bei denen im Wahlprogramm.

Ich sag mal, wenn es der AfD gelingt dieses Haus, einer Staatengemeinschaft, was wir in den letzten Jahrzehnten gemeinsam aufgebaut haben, abzureißen, wäre das verheerend sowohl menschlich, kulturell aber auch wirtschaftlich.

Außerdem sind diese Forderungen nach Abschottung für uns ökonomisch fatal, weil wir eine Exportnation sind. Wenn jetzt wieder Zölle, Wechselkurse, Grenzkontrollen drohen, dann führt das zu einem Einbruch des Handelsaufkommens. Diese Forderungen sind ein absoluter Albtraum und führen nur zu Arbeitslosigkeit, Gefährdung des Wohlstands und der Menschlichkeit in Europa.